Benny - Hauskater - Mai 1993 - 22. September 2006

Hallöchen, Benny mein Name!

Berlin, Mai 2002

Ich sehe zwar so stattlich aus wie ein ganzer Kater, und Miss Sophie versucht auch manchmal mich mit ihrem betörendem Duft zu beeindrucken, aber da ist die kleine Maus ganz gewaltig auf dem Holzweg.

Schnippschnapp war`n se ab. Mehr brauch´ ich zu diesem Thema wohl nicht zu sagen!

Ich bin 1993 zur Welt gekommen und hoffe, dass ich nun endlich für längere Zeit in diesem zu Hause bleiben darf. Mir hat das Leben bisher ganz schön übel mitgespielt. Ich kann schon gar nicht mehr zählen an wie viele neue Heime ich mich schon gewöhnen musste. Länger als 1,5 Jahre, schätze ich, war ich nirgends willkommen. Ich weiß eigentlich gar nicht so richtig warum das so war - es war so - und es war ein "bescheidenes" Gefühl immer der Ungeliebte zu sein.

Dabei mache ich mich doch jeden Morgen äußerst nützlich. Pünktlich `ne halbe Stunde bevor der Wecker anfängt zu rappeln, weise ich mit energischer Stimme schon mal darauf hin, dass die Zeit zum Aufstehen näher rückt. Die Verbannung aus dem Schlafzimmer hat auch nichts gebracht, denn dann mache ich mich immer ganz klein und rufe durch den Türspalt. Klappt hervorragend, das kann ich Dir versichern - denn durch die geschlossene Tür kommt irgendwann eine Antwort: "Beeeennnnyyyyyy hau endlich ab!"

Hahahahihihi, das ist Sonntags immer ganz besonders lustig.

Ansonsten bin ich ein ganz gemütlicher Kerl. Es interessiert mich überhaupt nicht, wenn so ein verspieltes Etwas, wie Miss Sophie, auf mich zugerast kommt, und meint mich erschrecken zu können. Ich habe festgestellt, dass es den "Angreifer" mehr irritiert, wenn ich einfach liegen bleibe, als dass ich wie ein verschrecktes Huhn (so wie Felix) aufspringe und davonrase. Diese Gelassenheit hat mir übrigens auch den Titel "Onkel" eingebrockt.

Ja, wie gesagt ich tu` mich ganz schön schwer mich immer wieder neu einzuleben. Darum reagiere ich bei fremden Menschen äußerst scheu. Hier ist aber irgendwie alles ganz anders.  Nicht nur, daß ich hier 2 Wohnungen zur Verfügung habe, nein hier ist auch noch ein riesiger Garten zum Stromern. Noch nie vorher habe ich von der Natur mehr kennen gelernt, als einen läppischen Blumenstrauß auf dem Tisch.

Man habe ich die Hosen voll gehabt, als ich hier meine Nase zum ersten Mal durch die Katzenklappe in den Wind gereckt habe. Die Schnelligkeit hat mir wohl keiner zugetraut, denn es war nur noch eine Staubwolke von mir zu sehen, als ich mit durchdrehenden "Rädern" kehrt gemacht habe, und mich hinter der Couch verkrümelte.

Albern.... dabei ist das das schönste was es gibt auf der Welt, einmal gemütlich über`s Garagendach spaziert, Nachbars Garten abschreiten, `rum ums Haus und wieder die Leiter hoch nach Hause. Diesen Rundgang mache ich täglich ca. 300 Mal.

Wenn ich Glück habe sind die Eltern meines Dosenöffners zu Hause, und dann bekomme ich unten meine tägliche Leberwurstkugel. Die sind doch tatsächlich der Meinung, sie könnten mich mit der Wurst überlisten. Meinen, ich merke nicht, daß da immer Medizin drin ist. Wie kann man denn so eine Riesentablette nicht bemerken. Bin ja nicht dumm - weiß, daß  die Tabletten helfen meinen äußerst bösartigen Tumor im Zaum zu halten.

Einmal landete ich deswegen schon auf dem Operationstisch, und habe an mir rumschnippeln lassen müssen. Geholfen hat es leider nicht - nach 3 Monaten war alles wieder beim Alten. Diese hinterhältige Krankheit befällt, so nach und nach, sämtliche Drüsengewebe von mir. Zum Glück tut mir nichts weh, darum hole ich mir auch artig jeden Tag diese Leberwustleckerlis ab.

Jetzt bin ich schon über 1,5 Jahre hier, und diese dumme Nuss Felix hat immer noch ein Problem mit mir. Fräulein Rührmichnichtan, sag ich Dir. Aber gut, ich halte eben den erforderlichen Abstand von ca. 2 Meter ein, und alles ist paletti.

Meine Kuscheleinheiten bekomme ich hier im ganzen Haus. Ich ramme mit meinem Kopf gegen das eine oder andere Schienbein, und wie durch ein Wunder kommt eine freundliche Hand und krault mir, mit schön langen Fingernägeln, den Rücken. Dieses "Ei Ei" Gestreichle ist nichts für mich, ich steh drauf wenn man richtig zupackt.

Jedenfalls fühle ich mich sehr wohl in dieser Gemeinschaft hier. So wohl, daß ich mich sogar auf den Arm nehmen lasse - das konnte ich eigentlich noch nie leiden. Und ich reagiere auch nicht nachtragend, wenn ich jeden Morgen auf`s übelste mit dem Ausdruck Sirene beschimpft werde, wenn eeendlich die Schlafzimmertür aufgeht.

Ich hoffe, dass ich noch viele schöne, und vor allem gesunde, Jahre hier im gelben Haus verbringen darf, dann werde ich Dir auch etwas mehr von mir berichten können!

Herzlichst Benny

06.10.2006

In der Geschichte die Benny im Mai 2002 erzählte hatte er schon berichtet, dass es um seine Gesundheit nicht sehr gut bestellt war. Benny kam Anfang 2001 zu uns. Er war ungewollt in seinen bisherigen "Heimen" - man wollte ihn wieder einmal los werden. Wir sahen damals nur zwei Augen im dunkeln hinter dem Fernseher. Es war eine Spontanentscheidung - wir beschlossen ihn ungesehen mitzunehmen und ihm bei uns ein gutes zu Hause zu geben.

Der damalige Besitzer kämpfte ganz schön, um diesen großen und kräftigen Kater in seine Box zu bekommen. Es war dunkel und es lag schnee in Berlins Straßen. Benny jaulte während der Fahrt um sein Leben. Wie wir später feststellten, muss er laut Impfausweis eine Menge verschiedener Besitzer gehabt haben. Er schien zu merken, dass er mal wieder abgeschoben wurde.

Er lebte sich bei uns allerdings recht schnell ein. Nur mit meiner Katzendame Felix verstand er sich absolut nicht. Er jagte sie ohne Erbarmen, so dass sie irgendwann nur noch hinter der Heizung lebte. Das wollte ich mir nicht länger mit ansehen. Da er es gewohnt war auch im ungesicherten Garten umherzustreifen und auch die Wohnung meiner Eltern im Erdgeschoss kannte, beschloss ich, dass die Katzenklappe in meine Wohnung versperrt wurde, damit er meine Felix in Ruhe lässt. Er arrangierte sich damit super. Stellte fest, dass die Klappe eben nie wieder für ihn geöffnet wurde und lebte fortan im Garten. Täglich drehte er ungefähr 3000 Runden durch die Wohnung meiner Eltern und wurde auf Kurz oder Lang der Kater meines Vaters.

Er jaulte unten vor der Terrassentür so lange, bis man ihn freundlichst bat doch einzutreten. Das überlegte er bei jedem der 3000 Rundgänge täglich, ca 1 minute lang - "soll ich nun hineingehen? Oder lieber doch nicht?"

Wir hatten oft einen Heidenspaß wenn Benny "anklopfte" und dann bei geöffneter Tür anfing zu überlegen. Natürlich stand mein Vater immer in hab acht Stellung - denn unsere zwischenzeitlich eingezogenen Sibirischen Katzen sollten ja nicht nach draußen. Also endete es oft im Spagat - die Sibis drinnen von der Tür fernhaltend mit energischem: "Neeeiiiinnn" und gleichzeitig freundlich lockend mit Benny sprechend: "na komm rein..kooomm Benny".

Kalte Nächte verbrachte er gern in einem der diversen Katzenkörbe in der Wohnung. Die lauen Nächte verbrachte er bevorzugt draußen. In der Morgendämmerung sprang er dann aufs Schlafzimmerfensterbrett meiner Eltern. An ihm ist wirklich ein Hahn verloren gegangen. Er krähte dort so lange (gegen 5 Uhr) bis mein Vater erwachte, aufstand, ihn freundlichst durch die Terrassentür in die Küche bat und ihm sein Fressen gab. Danach war Benny glücklich und kuschelte sich in der Küche auf der Eckbank ein und schlief.

Auch mein Vater durfte dann wieder zu Bett gehen :-)

Pünktlich morgens gegen halb sieben war dann allgemeines Aufstehen angesagt.
Benny mußte ja seit 2001 nachdem bei ihm Krebs diagnostiziert wurde, täglich seine Kortisontabletten bekommen. Es war ein Schauspiel:
Anfangs nahm er die Tabletten ohne zu murren - fraß sie sogar ohne Fleisch oder Leckerli. Tablette in leeren Futternapf - Benny zum Napf Tablette gefressen danach Futter in Napf - Benny gefressen.

Irgendwann änderte sich das. Mein Vater mußte sich immer mehr einfallen lassen, um Benny seine Tablette zu geben. So stand er dann morgens in der Küche - schnitt Rinderfilet in hauchdünne Scheiben und bastelte Benny eine Miniroulade mit Tablettenfüllung. Ein Haps und die Tablette war weg. Auch das wurde Benny irgendwann langweilig. Also bekam er seine Medizin in Leberwurst. Fortan hieß er Leberwurschtbenny :-)
Wenn er manchmal morgens nicht zur Stelle war, dann wurde ihm der Teller im Garten unter die Bank gestellt - er kam dann später vorbei, fand sie und verspeiste sie.

Der Herr wollte fortan sämtliche Leckerlis nur noch auf dem Teller serviert haben. Es war zum schießen - legte man die Murmel Leberwurst in den Napf, dann schnupperte er und verweigerte das Fressen. Legte man sie auf einen Teller, dann nahm er sie ohne zu zögern. Es hatte nur noch gefehlt, dass sich mein Vater einen Frack anzieht und ein Handtuch über dem Arm hängt und den Diener macht.

Später meinte Benny er er hätte wahnsinnige Beute erlegt: Er jaulte und jubelte - saß vor dem Napf und jaulte ihn an. Als wolle er allen anderen stolz seine frisch erlegte Beute zeigen. Spaziergänger schauten immer sehr irritiert, wenn sie Benny vor einem Teller sitzen sahen und er aus vollem Hals jubelte :-)

Das funktionierte auch ohne Vorführeffekt wenn wir Besuch hatten - Benny zeig mal, dass du Beute gemacht hast :-) Wir haben oft herzlich darüber gelacht.

Er war ein ganz lieber Kerl den wir alle, inklusive Nachbarn, ins Herz geschlossen hatten. Selbst unsere Nachbarn sprachen uns schon darauf an, dass unser Kater gar nicht mehr den Teller anheult.

Im Februar 2001 gab der Tierarzt nach einer Gewebeentnahme Benny noch maximal 3 Wochen Lebenszeit bei dem agressiven Krebs der hühnereigroße Geschwülste verursachte. Wie gesagt eine halbe Tablette Kortison täglich brachten ihm 5 einhalb weitere schöne Jahre.

Er zeigte null Nebenwirkungen auf die Tabletten - er war ein kräftiger gut 6 Kilo schwerer Kater mit seidigem Fell und er war weder klapprig noch gebrechlich.

In diesem Sommer 2006 als es so sehr heiß war in Berlin, ließ sein Appetit dann allmählich nach. Er magerte ab. Aber er hatte immer noch Lebensfreude. Die ganzen Jahre haben wir gesagt, wenn er sich quälen muss, dann werden wir ihn erlösen.
Er magerte ab, wog nur noch knapp 3 Kilo - aber seine täglichen Allüren hat er nicht abgelegt. Er wollte unbedingt hinaus in seinen Garten - jaulte weiter morgens um 5 für eine Zwischenmahlzeit die er dann doch nicht wollte, und drehte seine 3000 Runden Tür auf, Tür zu, Tür auf und Tür zu durch die Wohnung und in den Garten. Bald schaffte er es nicht mehr aufs Fensterbrett - auch Balancieren auf der Bordsteinkante fiel ihm zusehends schwerer. Er verlor an Kraft und Geschmeidigkeit. Auch sein Fell verlor den Glanz. Aber er schnurrte wie eh und je um unsere Beine wenn er uns nach der Arbeit im Garten begrüßte. Er wollte auch weiterhin die Nächte draußen verbringen und den nächsten Morgen wachküssen.

Er war doch nur noch haut und knochen ! Aber wenn man diese Lebensfreude sieht, auch wenn er schon leicht torkelte, um sein Gleichgewicht zu halten - aber es half alles nichts.
Mein Vater traf still, leise und heimlich diese schwere Entscheidung. Als meine Mutter und ich einen Termin hatten und klar war, dass wir vor dem späten Abend nicht zu Hause sein werden, erlöste er ihn gemeinsam mit unserem Tierarzt von seinem Leiden.

Benny hat sein Plätzchen gefunden in unseren Herzen - und auch in einem Garten wo er niemals alleine sein wird. Auch Whisky unser anderer Hauskater und Easy, eine kleine Sibirische Katzendame von einer Freundin, und auch ein geliebter Hund sind dort begraben.

Er fehlt uns sehr!

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